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Von Loslassen und Klammern am Lebensende

Von Loslassen und Klammern am Lebensende

Von Ralph Rückert, Tierarzt
Ich behaupte mal, dass die meisten unserer Haustiere es bezüglich ihres Todes besser haben als wir Menschen. So sehr viele Besitzer darauf hoffen: Der unverhoffte, qualfreie Tod im Schlaf ist halt ein eher seltenes Ereignis. In den allermeisten Fällen ist das Ende des Lebens mit Krankheiten oder Verletzungen verbunden, die mit schwerem Leiden einhergehen und die mit dem Leben letztendlich nicht mehr vereinbar sind.
Wir Menschen müssen diese letzte Phase unseres Lebens aufgrund der rigiden, empathie- und erbarmungslosen Haltung der Humanmedizin irgendwie durchstehen, in der Regel alles andere als leidensfrei, trotz aller gegenteiligen und in meinen Augen oft unerträglich verlogenen Beteuerungen der Palliativmediziner. Die Corona-Krise hat uns ja gerade aktuell vor Augen geführt, mit welcher brutalen Gedankenlosigkeit Pflegepatienten im absoluten Endstadium ihres Lebens massenhaft zu Hochintensivpatienten gestempelt und ganz allein, ohne ihre Angehörigen und auch noch des letzten Restes ihrer Würde beraubt zu Tode therapiert werden.

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Das Dilemma „Wildtier-Notfall“: Überspannt den Bogen nicht!

Von Ralph Rückert, Tierarzt
Am 25. Oktober 2019 hat der Tierschutz Sauerlach e.V. auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht, dass bei ihnen ein Aufnahmestop für Igel bestünde, weil alle Plätze belegt seien. Unter dieser Mitteilung werden auch noch Erste-Hilfe-Maßnahmen für Igel aufgeführt, die ich hier zitieren möchte:
„Igel warm halten (handwarme Wärmflasche oder PET Flasche beilegen). Evtl. Igel mit Pinzette von Zecken und Maden befreien. Wenn er warm genug ist, erst dann Katzennassfutter und Wasser anbieten, nicht vorher. Keinen Tierarzt aufsuchen (geben oft falsche Medikation). Igelnotnetzwerk kontaktieren!“
Das ist also der Rat eines eingetragenen Tierschutzvereins: „Keinen Tierarzt aufsuchen“! Nicht schlecht!

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Tierkrankenversicherung: Ja, tut es! Und zwar sofort!

Von Ralph Rückert, Tierarzt
Ich habe über Tierkrankenversicherungen vor knapp drei Jahren schon mal einen Artikel geschrieben, in dem es in erster Linie darum ging, welche Tierbesitzer sich diesen Schutz gönnen sollten. Seitdem hat sich in unserer Branche so viel getan, dass es in meinen Augen Sinn macht, das Thema noch einmal zu vertiefen.
Im Prinzip hat sich der Personenkreis, der besser früher als später eine TKV abschließen sollte, drastisch erweitert, und das liegt in erster Linie daran, dass die Gebühren für hochklassige Tiermedizin und speziell die Notfallversorgung (wie von mir schon seit Jahren vorausgesagt) inzwischen stark anziehen. Es ist abzusehen, dass sich mittelfristig ein Preisniveau etablieren wird, wie wir es jetzt schon in anderen und mit Deutschland ansonsten gut vergleichbaren Ländern wie Großbritannien und Schweden sehen können, und das ist zwei- bis dreimal so hoch wie hierzulande!

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Vierbeinige Intensivpatienten: Von Illusionen und Zwängen

Von Ralph Rückert, Tierarzt
Neulich in der Hundegruppe: Die Besitzerin eines Hundes, der nach einer Magendrehungs-OP stationär in einer Tierklinik liegt, stellt in völlig nachvollziehbarer Sorge folgende Frage:
„Tierklinik: angenommen, meinem Hund geht es plötzlich ganz bedrohlich schlecht, wird man in dem Fall dann auch nachts angerufen oder worst case, sie verstirbt heute Nacht. So was erfährt man doch dann bestimmt nicht erst spätmorgens, wenn man den Erkundigungsanruf tätigt, oder?“
Ich habe der Besitzerin dort in der Gruppe folgendermaßen geantwortet:
„Ich glaub, ich muss Euch da ein bisschen desillusionieren, vielleicht auch schockieren. Die Bilder, die Ihr im Kopf habt, stammen aus der Humanmedizin. Und selbst da ist ständige Überwachung nur möglich, weil die meisten Menschen sich verdrahten und elektronisch überwachen lassen, ohne sich ständig alles abzureißen oder abzubeißen. Ihr könnt nicht davon ausgehen, dass ein Tier, das stationär in einer Tierklinik liegt, die ganze Nacht lückenlos überwacht wird. Es kann also durchaus passieren, dass man erst am nächsten Morgen erfährt, wenn ein Tier nachts gestorben ist. Ist nicht schön, aber den Personalaufwand, den lückenlose Überwachung bedeuten würde, will nun mal keiner bezahlen. Wir reden da von 500 bis 1000 Euro als Tagessatz, nur für die stationäre Aufnahme, alle medizinischen Maßnahmen wie Untersuchungen, Injektionen, Infusionen, etc. NICHT inklusive.“

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Adopt, don’t shop! oder: Das Problem mit der moralischen Arroganz

Von Ralph Rückert, Tierarzt
Adopt, don’t shop! Ein griffiges Motto! Gemeint ist, dass man keinen Hund beim Züchter kaufen, sondern einen aus dem Tierschutz adoptieren soll. Wann immer in den sozialen Medien jemand nach einem Züchter oder nach Eigenschaften einer spezifischen Rasse fragt, kurz: sein Interesse an einem Rassewelpen kund tut, taucht unweigerlich eine Variante dieser Botschaft auf, gerne vorgetragen in ruppigem und vorwurfsvollem Tonfall.

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Ein echtes Groschengrab: Die Katze mit FORL*

Ein echtes Groschengrab: Die Katze mit FORL*

Von Ralph Rückert, Tierarzt
Zuerst die schon in anderen Artikeln erläuterten Fakten:
1. Mindestens 50 Prozent aller Katzen über 5 Jahren leiden unter Resorptivläsionen. FORL* kann aber auch schon viel früher im Leben auftreten (siehe Fotos!).
2. FORL gilt als eine der schmerzhaftesten chronischen Erkrankungen der Katze.
3. Befallene Zähne müssen zum Erhalt einer schmerzfreien Mundhöhle sicher erkannt und dann extrahiert werden.
4. Dies ist nur durch dentale Röntgenaufnahmen möglich.
Ohne dentale Röntgenausstattung und ohne ihre konsequente Anwendung bei JEDER Katze ist eine korrekte Zahnbehandlung schlicht unmöglich! Die Bilder zeigen Fotos und Röntgenbilder vom Gebiss eines gerade mal zwei Jahre alten Katers. Rein optisch kann man mit etwas Erfahrung natürlich gut erkennen, dass mit den Zähnen ordentlich was faul ist, aber erst die Röntgenbilder zeigen das wahre Ausmaß dieser für das Tier entsetzlich schmerzhaften Katastrophe: FORL plus aggressive Parodontitis mit hochgradigem Knochenabbau! Kein einziger Backenzahn ist erhaltungswürdig! Die müssen alle raus!

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Hunde vegan ernähren: Sofort zur Anzeige bringen oder erst mal drüber nachdenken?

Von Ralph Rückert, Tierarzt
Über den Daumen gepeilt ernähren sich etwa 5 Prozent der Deutschen vegetarisch, maximal 1 Prozent vegan. Umfragen zufolge sollen die Gründe dafür eher im ethischen als im ernährungsphysiologischen Bereich zu finden sein. Wer sich vegetarisch bzw. vegan ernährt, möchte also vermeiden, dass er sich auf Kosten von Tieren ernährt, oder macht sich Gedanken um die globalen ökologischen und ökonomischen Auswirkungen des Fleischkonsums.
Ich denke nicht, dass das jemals systematisch untersucht worden ist, halte es aber für gut möglich, dass unter Hundehaltern, die ja in der Regel nicht nur Hunde-, sondern auch ganz allgemein Tierfreunde sind, der prozentuale Anteil von Vegetariern und Veganern eher noch etwas höher ist als in der Restbevölkerung. Dadurch entsteht natürlich eine etwas paradox anmutende Situation: Der ethisch motivierte Vegetarier oder Veganer lebt in engster Gemeinschaft mit einem zoologisch zur Ordnung der Carnivora (Raubtiere) gezählten Vierbeiner, der dementsprechend eine klare Vorliebe für Fleisch hat und darüber hinaus als Tier keine diesbezüglichen moralischen Skrupel hegen muss.

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Der Deutsche Boxer

Der Deutsche Boxer, der Epuliden-Hund schlechthin

Von Ralph Rückert, Tierarzt
Auf den Bildern sehen wir (einmal vor, einmal nach elektrochirurgischer Entfernung), welch schockierende Ausmaße eine Epuliden-Erkrankung speziell beim Boxer annehmen kann. Mit solchen – die Zähne buchstäblich unter sich begrabenden – Wucherungen ist natürlich kein schmerzfreies Kauen mehr möglich.
Epuliden (Einzahl: Epulis) sind aus chronischen Entzündungen entstehende Zahnfleischwucherungen. Sie können bei allen Hunden vorkommen, aber bei keiner Rasse so häufig und massiv wie beim Boxer.

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Tierschutzverletzung durch Vernachlässigung: Blinde Wut oder eiserne Selbstkontrolle?

Tierschutzverletzung durch Vernachlässigung: Blinde Wut oder eiserne Selbstkontrolle?

Von Ralph Rückert, Tierarzt
Nicht mehr so häufig wie in früheren Jahren, aber immer noch viel zu oft bekommt man als Tierarzt Patienten vorgestellt, angesichts deren Zustands einen entweder die blinde Wut packt oder einem vor Mitleid mit dem Tier schier die Tränen kommen.
Die Bilder zeigen die Schneidezähne eines Kaninchens, die sich durch eine Malokklusion (Fehlstellung) nicht mehr korrekt abnützen konnten und sozusagen aneinander vorbei gewachsen sind. Die oberen Schneidezähne haben eine sicherlich extrem schmerzhafte, tiefe und eiternde Wunde in den Unterkiefer gegraben Unter solchen Umständen ist eine auch nur halbwegs ausreichende Futteraufnahme natürlich schlicht nicht mehr möglich. Dementsprechend war das Tier auch bis auf die Knochen abgemagert und allenfalls noch Tage vom Hungertod entfernt. An einigen Körperteilen war das Fell aufgrund der Unterernährung schon komplett ausgefallen. Die Besitzer des Kaninchens gaben aber an, diesen Zustand erst gerade aktuell bemerkt zu haben.

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„Pflegenahe“ Menschen und Hunde, oder: Altersdiskriminierung und Tierschutz

Von Ralph Rückert, Tierarzt
Neulich in der lokalen Facebook-Hundegruppe: Ein Gruppenmitglied fragt in die Runde, welche Hunderasse man für ein Ehepaar Anfang 60 empfehlen könnte.
Einer der Kommentare: „Jemandem, der Anfang 60 ist, würde ich auf keinen Fall mehr einen Welpen geben. Ein Hund hat eine Lebenserwartung von 15 bis 18 Jahren. Wenn es dumm läuft werden die Leute in 10 Jahren krank, und dann landet ein alter Hund im TH.“
Ist man wie ich selbst gerade noch ein gutes Jahr von „Anfang 60“ entfernt, schwankt man bei so einem Kommentar mit seinem unverhohlenen Ageismus (neudeutsch für Altersdiskriminierung) zwischen Bitterkeit und blanker Wut.

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