Von Ralph Rückert, Tierarzt
Wie versprochen werde ich in diesem dritten Teil der Serie erzählen, wie man in den Genuss der in den letzten beiden Teilen beschriebenen Vorteile von VIP-Kund:innen kommt. Es geht dabei absolut nicht – wie in manchen Kommentaren und Nachrichten unterstellt wurde – um Unterwürfigkeit, Arschkriechen oder Schleimerei. Nein, wenn man es wirklich ganz kurz auf den Punkt bringen möchte, dann geht es eigentlich „nur“ um Respekt, Wertschätzung und Vertrauen, „nur“ in Anführungszeichen, weil diese drei absoluten Basic-Punkte so manche Leute massiv zu überfordern scheinen.
Wer sich gegenüber allen Mitarbeiter:innen einer Praxis oder Klinik respektvoll verhält, kann nicht rumblaffen, rumbrüllen, ruppig oder anzüglich sein. Wer sich respektvoll verhält, kann nicht chronisch zu spät oder gleich gar nicht zu vereinbarten Terminen kommen. Wer seine Tierarztpraxis und die dort arbeitenden Menschen wertschätzt, ist immer auch dankbar für das, was sie/er dort an Leistungen für das Haustier bekommt, und bringt das auch immer wieder mal zum Ausdruck. Und wer Vertrauen hat, wird sich bei der Behandlung seines Tieres immer kooperativ und partnerschaftlich verhalten.
Respekt bedeutet keineswegs, dass man nicht reklamieren könnte und auch sollte, wenn einem etwas gegen den Strich geht oder wenn man den Verdacht hat, dass irgendwas schief gelaufen ist. Aber auch reklamieren kann man eben durchaus mit höflichem und freundlichem Respekt, und genau damit steigert man die Chancen, dass man mit seiner Reklamation ernst genommen wird und am Ende bekommt, was man will, um ganze Größenordnungen.
Wertschätzung bedeutet nicht zwangsläufig Geschenke zu Weihnachten oder zu anderen Anlässen, wenn wir uns über sowas auch immer sehr gefreut haben. Es geht viel mehr um so um die „kleinen“ Sachen wie „Danke, dass ihr es noch möglich gemacht habt, dass ich gleich kommen konnte“ oder „Vielen Dank an das ganze Team, dass ihr meinen Maxl wieder hinbekommen habt.“
Vertrauen muss keineswegs blind sein. Natürlich ist das Sachkundegefälle zwischen Ärztin/Arzt und Patientin/Patient gerade in der Medizin immens groß. Es ist also völlig okay, wenn man erklärt bekommen möchte, warum bestimmte Entscheidungen so oder so ausfallen. War für mich als Tierarzt nie ein Problem. Wenn man aber jede Entscheidung oder Maßnahme der behandelnden Person in Zweifel zieht, dann ist man definitiv entweder selber falsch drauf, weil man nämlich Mündigkeit als Patient mit permanentem Misstrauen verwechselt, oder man hat einfach die zu einem passende Praxis noch nicht gefunden und sollte weiterziehen. Mit dem Vertrauen direkt verknüpft ist die sogenannte Compliance, also die aktive Mitarbeit bei der Behandlung, aus meiner Sicht eine wirklich unverzichtbare Grundlage für die erfolgreiche Therapie. Es gibt wenig, was das gegenseitige Vertrauensverhältnis nachhaltiger zerstört als eigenmächtige Änderungen der verordneten Behandlung, so in dem Sinne: „Hm, ach ja, das Antibiotikum habe ich übrigens schon nach drei Tagen nicht mehr gegeben, weil da liest man ja schreckliche Sachen drüber im Netz“.
Wie immer, wenn man als Tierarzt Forderungen an die Kundinnen und Kunden stellt, werden auch unter diesem Artikel wieder so einige Kommentare gepostet werden, in denen über negative Erfahrungen in Praxen und Kliniken berichtet wird, über Fälle, in denen man als Kundin bzw. Kunde nicht respektiert und wertgeschätzt wurde. Ich bin als Realist gerne bereit einzugestehen, dass es sowas natürlich auch gibt. Es liegt aber am Ende halt in Ihrer Verantwortung, die Praxis oder Klinik zu finden, die möglichst gut zu Ihnen und Ihren Anforderungen passt.
Gerade wenn Sie feststellen, dass Sie dieses von mir erwähnte Grundvertrauen absolut nicht aufbringen können, dann sind Sie aller Wahrscheinlichkeit nach falsch. Wenn Sie allerdings nach dem Durchprobieren von zehn verschiedenen Praxen immer noch keine gefunden haben, wo Sie sich wirklich gut aufgehoben fühlen, müssen Sie sich in meinen Augen eher Gedanken über sich selbst machen. Zarter Hinweis: Im berufsinternen Jargon gibt es die Kundenkategorie der „Hopper“, die von uns mit grundsätzlichem Misstrauen beäugt werden. Hopper sind leicht erkennbar, nämlich an den Impfpässen ihrer Tiere, in denen man in der Regel die Praxisstempel aller Tierarztpraxen im Umkreis von 50 Kilometern bewundern kann. Zieht jemand dann auch noch hemmungslos über andere Kolleginnen und Kollegen her, ist die Kundenreputation gleich vom Start weg im Eimer.
Unter dem zweiten Teil der Artikelserie hat jemand kommentiert: „Ich finde es eher bedenklich, dass man über gutes Benehmen drei Blog-Artikel verfassen kann (muss?)! Sagt doch einiges über die Menschheit!“. Ja, richtig! Es ist zwar ohne Übertreibung so, dass wir mit unseren Kundinnen und Kunden zu weit über 90 Prozent wunderbar zurecht kommen. Ich habe es auch immer als unsere Aufgabe als Dienstleister gesehen, auch auf etwas exzentrischere Charaktere erfolgreich eingehen zu können. Trotzdem verursachen gemäß einer alten Grundregel fünf Prozent der Kundschaft 99 Prozent des Stresses, und dieser Anteil nimmt in den letzten Jahren – oft wird die Pandemie da als Wendepunkt gesehen – leider deutlich zu. Wir lesen ja regelmäßig die Berichte, dass gerade die Helferberufe (Medizin, Rettung, Feuerwehr, etc.) inzwischen Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt sind, die man sich früher nicht mal ansatzweise vorstellen konnte. Entsprechend nimmt auch in unseren Reihen die Sensibilität für unangemessenes Verhalten auf Kundenseite zu. Ich weiß als Insider, wie sehr so einige Kolleginnen und Kollegen unter diesen Dingen leiden. Dabei wäre eigentlich alles so einfach, wenn man nur die grundlegenden Regeln eines zivilisierten Miteinanders beherzigen würde.
Bleiben Sie mir gewogen, bis bald, Ihr
Ralph Rückert
© Ralph Rückert
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