Von Ralph Rückert, Tierarzt
Nach drei langen Artikeln über die Ernährung des Hundes müssen wir uns auch mal kurz um die Katzen kümmern, und zwar wirklich kurz, denn bei der Katze gibt es deutlich weniger offene Fragen als beim Hund.
Im Gegensatz zum Hund, den wir inzwischen als funktionellen Allesfresser mit großer Fleischvorliebe bezeichnen können, ist die Katze ganz klar und ohne jeden Zweifel ein strikter Fleischfresser. Dazu kommt eine hochgradige Beute-Spezialisierung auf Kleinsäuger und – in viel geringerem Maß – Vögel, Reptilien und Insekten.
Dementsprechend sind die Anforderungen der Hauskatzen an ihre Nahrung im Gegensatz zum Hund hochgradig inflexibel. In anderen Worten: Katzen haben null Toleranz für irgendwelche Abweichungen, und sei es auch nur kurzfristig. Als Beispiel mag uns dienen, dass erst 1987 entdeckt wurde, dass eine bis dahin sehr häufig auftretende und schwerwiegende Herzerkrankung, die dilatative Cardiomyopathie (DCM), dadurch ausgelöst wurde, dass die für Katzen essentielle (unverzichtbare) Aminosäure Taurin dem Fertigfutter in nicht ausreichendem Ausmaß hinzugefügt worden war. Ähnlich ist wohl die Situation bezüglich der heutzutage sehr häufig anzutreffenden Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), nur dass wir da noch nicht wissen, wo genau der Fehler liegt. Es steht aber ganz klar der Verdacht im Raum, dass Fertigfutter bzw. einer seiner Anteile oder aber die Behältnisse für das Futter eine Rolle bei der Entstehung der Krankheit spielen könnten.
Wir dürfen uns nichts vormachen: Die ideale Mahlzeit für eine Hauskatze ist und bleibt eine fangfrische Maus. Freigänger-Katzen haben die Möglichkeit, die von ihren Besitzern angebotene Nahrung entsprechend zu ergänzen, während Katzen in reiner Wohnungshaltung auf Gedeih und Verderb das fressen müssen, was wir ihnen vorsetzen. Da es meines Wissens keine Dosen mit eingemachten Mäusen gibt, werden wir und unsere Katzen wohl oder übel Kompromisse eingehen müssen. Es gibt viele Kritikpunkte an der Zusammensetzung von Katzen-Fertigfutter, unter anderem den meist viel zu hohen Kohlenhydratanteil. Nichtsdestotrotz werden die meisten von Ihnen um Fertigfutter nicht herumkommen, denn eine selbst zusammengestellte Futterration für die Katze korrekt hinzubekommen ist bei weitem schwieriger als beim Hund. Es geht, dafür gibt es genug Beispiele, aber es ist mit einem Aufwand verbunden, der diesen Weg für die meisten von uns unmöglich macht. Wer es trotzdem angehen möchte, muss sich unbedingt gründlichst einlesen und informieren. Ein Ausweg aus der speziell das Trockenfutter betreffenden Misere mit viel zu viel Kohlenhydraten kann die Rohfleischfütterung allemal sein. Was übrigens im Gegensatz zum Hund gar nicht geht: Vegetarische oder gar vegane Ernährung! Die Katze ist und bleibt ein echter Fleischfresser.
Damit wir uns aber nicht falsch verstehen: Die durchschnittliche Lebensspanne der Fertigfutter fressenden Katzen hat seit der Entdeckung des Taurin-Fehlers Ende der 80er deutlich zugenommen. So ganz verkehrt kann diese Ernährungsform also nicht sein. Noch ein paar Tipps zur Optimierung: Füttern Sie gesunden Katzen nicht nur eine, sondern mehrere Sorten Fertigfutter in Rotation, so dass sich die Tiere nie komplett an ein Futter gewöhnen. Das hat zwei entscheidende Vorteile: Zum einen sind die Katzen an häufige Futterwechsel gewöhnt, so dass eine später einmal krankheitsbedingt vielleicht notwendig werdende Umstellung auf ein medizinisches Diätfuttermittel leichter akzeptiert wird, zum anderen werden in den einzelnen Futtermitteln eventuell vorhandene Defizite an essentiellen Inhaltsstoffen durch andere Sorten wieder ausgeglichen. Verwenden Sie bei Katzen in reiner Wohnungshaltung möglichst vorwiegend sehr fleischlastiges Nassfutter, da es für einen deutlich besseren Flüssigkeitshaushalt sorgt als Trockenfutter. Außerdem ist die Energiedichte geringer und damit die Gewichtskontrolle besser möglich. Bei Katzen, die trotz aller Bemühungen Trockenfutter bevorzugen, sollten in der Wohnung mehrere Wasserquellen zur Verfügung stehen, da auch dies zu einer deutlich verbesserten Wasseraufnahme führt. Katzen, die Freigang haben, sollten ausreichend mit Futter versorgt werden, damit sie nicht zur Deckung ihres Energiebedarfs auf die Jagd angewiesen sind. Dies ist unter anderem wichtig zur Schonung der Singvögel. Werden aber Mäuse gefangen und auch verzehrt, ist das nur wünschenswert. Allerdings: Zum Schutz der Gesundheit der mit der Katze in Kontakt stehenden Menschen ist dann einmal monatlich Entwurmen oder wenigstens eine Kotuntersuchung dringend angesagt.
Katzen sind entsprechend ihrer Spezialisierung auf kleine Beutetiere sogenannte Snack-Fresser. Frei laufende und für ihre Ernährung selbst zuständige Katzen fressen zehn bis zwanzig Mal am Tag. Verabreichen Sie also Fertigfutter möglichst in vielen kleinen Portionen. Sollten Sie im Rahmen Ihres Arbeitsalltages länger nicht zu Hause sein, verstecken Sie winzige Trockenfutter-Portionen an vielen verschiedenen Stellen. Das sorgt dafür, dass die Katze etwas tun muss, um an Futter zu kommen, und somit auch für Unterhaltung.
Bitte niemals kohlenhydratlastige Nahrungsmittel wie Nudeln, Reis, Flocken oder ähnliches dem Fertigfutter zumischen. Damit würde der in den meisten Futtermitteln sowieso zu hohe Kohlenhydratanteil endgültig zu viel. Katzen fressen nach neuesten Untersuchungen so lange, bis sie eine bestimmte Menge an Protein aufgenommen haben, völlig egal, wie viele Kohlenhydrate da mit dranhängen. Ein zu hoher Kohlenhydratanteil ist demzufolge ein Garant für schnelles Übergewicht und eine Fülle anderer Probleme.
Apropos Übergewicht: Die Allesfresser und Großwildjäger Mensch und Hund sind auf längere Hunger- oder Mangelperioden physiologisch bestens vorbereitet. Katzen dagegen dürfen auf keinen Fall hungern, denn dabei kann es sehr schnell zu einem nur sehr schwer behandelbaren Leberversagen kommen. Also: Keine Crash-Diäten für übergewichtige Katzen!
Übrigens: Trockenfutter trägt nicht wesentlich zur Gesunderhaltung des Katzengebisses bei. Die von der Natur vorgesehene Zahnbürste der Katze ist die Maus. Da speziell Wohnungskatzen keinen Zugang zu ihren Zahnbürsten haben, ist hier dem Zahnzustand deutlich erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Kaum eine Wohnungskatze, die nicht mindestens einmal im Jahr eine professionelle Zahnreinigung beim Tierarzt benötigt, um sich nicht extrem unangenehme Gebisserkrankungen zuzuziehen. Hier sei aber noch einmal auf die zwar aufwändige, aber mögliche Ernährung mit Rohfleisch hingewiesen, die nach meinem Verständnis auch einen positiven Einfluss auf die Zahngesundheit haben müsste, was ich aber nicht durch entsprechende Untersuchungen belegen kann.
Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr
Ralph Rückert
©Ralph Rückert
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