Von Ralph Rückert, Tierarzt
Nach meinem letzten Artikel, in dem ich die unnötig harten und grausamen Erziehungsmethoden beklagt habe, die ich vor dreißig Jahren gegenüber meinem ersten Hund Watzmann angewendet hatte, wurde ich von mehreren Seiten gefragt, was ich in diesem Zusammenhang von Cesar Millan halten würde. Die Antwort ist einfach: Ich finde ihn und seinen weltweiten Einfluss auf die Methodik der Hundeerziehung extrem bedauerlich.
Um es noch deutlicher zu sagen: Cesar Millan hat es im Alleingang zumindest teilweise geschafft, die Erziehung und Verhaltenskorrektur von Hunden in genau jene dunklen Zeiten von vor 25, 30 Jahren zurückzuwerfen, die ich in meinem Artikel beschrieben habe. Wer ihm und seinen Methoden nacheifert, vergeht sich ohne jede Not an seinem Hund und wird das auch eines Tages zutiefst bedauern.
Dabei will ich mich nicht jenen anschließen, die Millan als den Teufel schlechthin diffamieren. Der Mann stammt nun mal aus einem anderen Kulturkreis, den USA. Eine Nation, die nach wie vor revolverschwingende Kuhhirten und mit Maschinenpistolen bewaffnete Gangster als Helden verehrt, die so gut wie jeden Konflikt mit Waffengewalt zu lösen versucht, konnte wohl nicht umhin, einen im wahrsten Sinne des Wortes zupackend agierenden und rabiaten Hundetrainer zum Idol zu stilisieren. Dass Millan als Selfmade-Man mit in der Tat sehr beeindruckenden Marketing-Fähigkeiten diese glückliche Fügung nun bis zum Anschlag ausreizt, will ich ihm noch nicht mal vorwerfen.
Vorwerfen kann und will ich ihm aber seine sture Verweigerungshaltung gegenüber der wissenschaftlichen Entwicklung der letzten 25 Jahre in der Hunde-Verhaltenskunde. Das ganze methodische Konzept Millans ist aus heutiger wissenschaftlicher Sicht absolut ungültig und einer gedeihlichen Beziehung zwischen Mensch und Hund extrem abträglich.
Vorwerfen kann und will ich ihm auch seine in einzelnen Episoden seiner TV-Serien gezeigte Vorgehensweise gegenüber Problemhunden (in seinem Jargon „Red Zone Dogs“), die ihm hierzulande mit Recht mehrfache Verfahren wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz eingebracht hätten.
Es gibt nach meinem Wissen weltweit nicht einen anerkannten Kynologen, nicht einen auf Hundeverhalten spezialisierten Wissenschaftler, der Millans Methodik auch nur ansatzweise zustimmen würde. In einer kritischen Betrachtung seiner Arbeit habe ich mal den folgenden Satz gelesen:
„Wer Cesar Millan als Hundetrainer für kompetent hält und seine Arbeit für richtig deklariert, hat keine Ahnung von Hunden.“
Wenn man dieses harte Statement umformulieren würde zu: „…hat keine Ahnung, was wir im letzten Vierteljahrhundert über Hunde dazu gelernt haben.“, dann könnte ich das voll und ganz unterschreiben.
Die wichtigste Waffe im Kampf gegen Ignoranz ist Wissen. Fallen Sie als Hundebesitzer nicht auf die vermeintlich einfachen Lösungen eines Cesar Millan rein. Lesen Sie nach, was sich in den letzten zwei Jahrzehnten auf diesem Gebiet getan hat. Dann werden Sie recht schnell erkennen, dass der Mann einfach beweisbar falsch liegt mit dem, was er im Brustton der Überzeugung von sich gibt.
Damit lasse ich es gut sein. Ich könnte mich über dieses Thema seitenlang auslassen, wollte aber – wie schon erwähnt – nur die mehrfachen Fragen bezüglich meiner Auffassung zu Millan kurz und eindeutig beantworten. Wer danach sucht, findet genug Statements, die meine Meinung stützen, und zwar von Experten, die mir auf diesem Gebiet weit überlegen sind.
Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr
Ralph Rückert
© Kleintierpraxis Ralph Rückert, Bei den Quellen 16, 89077 Ulm / Söflingen
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