Von Ralph Rückert, Tierarzt
Völlig ernst gemeinte Triggerwarnung: Kolleginnen und Kollegen, denen es aktuell psychisch nicht gut geht, eventuell gar noch im Zusammenhang mit Internet-Bewertungen, könnten ihr Befinden durch das Lesen des Artikels verschlechtern!
Kürzlich hat sich (leider muss man sagen: mal wieder!) eine junge Kollegin und Praxisinhaberin das Leben genommen. Die Suizidrate unter Tierärztinnen und Tierärzten ist im Vergleich zur Normalbevölkerung bestürzend hoch, die absolut höchste aller erfassten Berufe, mehr als doppelt so hoch wie bei den Humanmediziner:innen und etwa viermal so hoch wie in der Normalbevölkerung.
Die Gründe für diese traurige Tatsache sind sicher vielfältig, manche davon offensichtlich, andere müssen noch näher erforscht werden. Ein ganz entscheidender Faktor steht in meinen Augen aber fest: Die inzwischen allgegenwärtige Angst, zum Opfer von in manchen Phasen des Berufslebens buchstäblich existenzgefährdender Schmähkritik zu werden, macht vielen bzw. den meisten von uns extrem zu schaffen, manchen so sehr, dass sie damit einfach nicht mehr fertig werden.
An dieser Stelle nochmal ein Zitat, das ich in einem anderen Artikel zu einem verwandten Thema schon mal angeführt habe, ein Zitat eines in unseren Kreisen sehr geschätzten und hochqualifizierten Kollegen, der sich über fachliche Defizite – wie er auch selbst schreibt – sicher eher weniger Sorgen machen muss:
„Ich persönlich nehme – wie alle hier – für mich in Anspruch, dass ich nach der besten Lösung für den Patienten und dessen Besitzer suche. Kein einziger Patient ist mir egal und keine Sorge des Besitzers zu gering. Deswegen steckt in jeder Beratung und jeder Behandlung ein wenig Herzblut. Mein Unternehmen ist auf diesen Werten gegründet, und dieser Anspruch fließt durch alle Mitarbeiter wie das Blut durch den Körper – unsichtbar, aber lebensnotwendig. Daher ist es für mich unerträglich, mit welcher Leichtfertigkeit heutzutage vereinzelte Kunden Hand an die Seele der Tierärzte, deren Mitarbeiter und die tierärztlichen Unternehmen legen und mit welcher Überheblichkeit tierärztliche Arbeit unqualifiziert bewertet und damit spielerisch die Existenz ganzer Familien – der Inhaber der Praxen, als auch der dort angestellten Mitarbeiter – leichtfertig durch provozierte Shitstorms und gezielten Aufruf zum Diskreditieren gefährdet wird. Sogar die Berufsunfähigkeit, bis hin zum Selbstmord der Tierärzte, wird offenbar ohne Gespür für die Auswirkung solcher Aktionen in Kauf genommen. Das, was ich als Kind noch unter „Anstand“ kennen und schätzen gelernt habe, ist bei manchen Menschen völlig verloren gegangen. Und diese Situation – die Gefahr, dass irgend jemand wegen Belanglosigkeiten oder verletzten Eitelkeiten, aus purem Egoismus, den physischen oder psychischen Untergang einer Person oder eines Unternehmens in Kauf nimmt – ja, das macht mir Sorge und Angst. Über die tatsächliche Qualität meiner Arbeit mache ich mir ehrlich gesagt keine Sorgen. Aber dieses tagtägliche, unkalkulierbare Risiko macht mir mal mehr und mal weniger zu schaffen.“
Das kann ich Wort für Wort unterschreiben. Nun sind aber sowohl der Kollege als auch ich in der beneidenswerten Position, lang etablierte und extrem rund laufende Praxen zu führen, deren guter Ruf nicht mehr so leicht zu beschädigen ist. Denke ich aber an junge Kolleginnen und Kollegen in der sowohl psychisch als auch finanziell sehr verwundbaren Phase kurz nach Gründung ihrer Praxen, mit noch wenigen Kunden, aber hohen Schulden, dann läuft es mir kalt den Buckel runter, wenn ich so manche Internet-Rezensionen lese.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie es sich anfühlte, wie eine echte psychische Misshandlung nämlich, als ich vor vielen Jahren die erste negative Bewertung kassiert habe, giftig, bösartig und natürlich – wie fast immer – anonym. Der Schock war vergleichbar mit dem, den man durch einen Raubüberfall oder einen Einbruch erleidet. Jemand, der dafür nicht mal seinen Namen preisgeben muss, der meist lügt wie gedruckt und außerdem in vielen Fällen keinen geraden Satz hinbekommt, darf dich als Mensch, als Person, als Tierarzt in aller Öffentlichkeit runterputzen, charakterlich beurteilen und disqualifizieren!
Nur als Beispiel eine 1-Stern-Bewertung der fachlich ganz zweifellos hervorragend arbeitenden Praxis des oben zitierten Kollegen, Buchstabe für Buchstabe zitiert:
„Freundlich waren Sie alle, aber Sie hatten nur für das Geldbeutel interessiert nicht für den armen Karter. Die Rechnung war sehr Höch und hat unserem Karter nichts geholfen. Er ist am nächsten Tag gestorben..“
Der Kollege hat richtigerweise noch nicht mal drauf geantwortet, obwohl er das sonst gewohnheitsmäßig tut. Fakt ist aber: Da haut einem so ein offensichtlicher Weichkeks, der gar nichts rafft, mal schnell im Vorbeigehen und anonym einen Stern vor den Latz, und dann braucht es sieben Maximalbewertungen hochzufriedener Kund:innen, um den bisherigen Schnitt wieder herzustellen. Für etablierte Praxen mit hohen Bewertungszahlen ist das kein großes Problem, für junge Praxisinhaber:innen aber sehr wohl.
Viel schlimmer aber sind – wie schon erwähnt – die psychischen Tiefschläge, die persönlichen Angriffe, die einige Verfasser:innen von Bewertungen mit menschenverachtender Brutalität ins Netz rotzen. In der Mehrzahl der Fälle geht es sofort „ad hominem“, wie der Lateiner sagt, also direkt gegen den Menschen an sich, gegen seinen vermeintlichen Charakter, gegen den Kern seiner Existenz, und sowas kann niemand lesen, egal wie dick die Haut ist, ohne davon mehr oder weniger verletzt zu werden.
Ein Beispiel von unzähligen:
„1. Und der wichtigste Aspekt, Frau XY hat unserem Tier geholfen ! 2. Preise SCHWEINETEUER 3. Sympathiemonster Nichts destotrotz haben Sie meinem Tier geholfen. Danke dafür. Eine Portion -offensichtliche- Leidenschaft und eine angenehmere Persönlichkeit wären wünschenswert. Ich rechne mit einer hoch professionellen Ausrede wie bei den anderen verhaltenen Kommentaren ;).“
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Die kritisierte Kollegin ist in Fachkreisen höchst angesehen und führt eine der erfolgreichsten Spezialpraxen in Deutschland. Sie hat offenbar auch in diesem Fall trefflich helfen können. Das Gemaule über die Gebühren ist Standard und kann getrost ignoriert werden. Am Ende aber muss sie sich von einer oder einem Wildfremden bescheinigen lassen, dass sie ein „Sympathiemonster“ wäre und sich eine „angenehmere Persönlichkeit“ zulegen müsse. Darüber hinaus wird jede mögliche Replik auf diese Bewertung gleich mal vorsorglich als „hochprofessionelle Ausrede“ disqualifiziert.
Die Kollegin gehört wie der oben zitierte Kollege und ich zu den „alten Hasen“, von denen dann gerne erwartet wird, dass sie da „drüber stehen“ und „professionell damit umgehen“ müssten. Diesen Eindruck versuchen wir auch nach außen zu vermitteln, ganz im Sinne von „keep a stiff upper lip“, aber im Prinzip ist das selbst bei uns Etablierten nur Fassade. KEIN MENSCH kann so eine Aussage (oder noch viel schlimmere!) über sich selbst lesen, ohne dass Stresshormone in Mengen freigesetzt werden und Pulsfrequenz und Blutdruck steigen. Bei jungen Kolleginnen und Kollegen, die mit neu gegründeten oder übernommenen Praxen oder Kliniken mitten im Existenzkampf stehen, lösen solche Kommentare über die eigene Person buchstäblich Vernichtungsängste aus.
Liest man als Praxisgründer:in sowas…
„Wegen dieser Ärztin ist mein Hund gestorben, falsche Diagnose gestellt, dadurch falsch behandelt. Die Tierklinik konnte im Nachhinein nicht mehr helfen. Ich hätte lieber auf meine Frau hören sollen einen anderen Arzt aufzusuchen. Auf keinen Fall euer geliebtes Tier zu Frau XY bringen.“
…denkt man unwillkürlich erst mal: Jetzt ist alles aus! Stimmt natürlich nicht, aber trotzdem kann man diesen gedanklichen Reflex nicht unterdrücken.
Die Art von Leuten, die sich unbedingt mit solchen Abwertungen anderer wichtig machen müssen, wird es in ihrem Sadismus wahrscheinlich sehr freuen, dass sie so einen massiven Effekt erzielen, denn genau diese persönliche und möglichst maximale Beschädigung, anonym und (vermeintlich!) risikofrei, ist ja das Ziel ihrer Aktionen. Ich habe auch durchaus meine Zweifel, ob es richtig ist, dass ich damit in diesem Artikel so offen umgehe. Auf der anderen Seite gehört das Thema endlich mal auf den Tisch. Ich sehe ja in den berufsinternen Foren und Gruppen, mit wie viel mühsam unterdrückter Panik und Verzweiflung solche übergriffigen Schmähkritiken diskutiert werden. Fast tagtäglich müssen wir da junge Kolleginnen und Kollegen laienpsychologisch bzw. seelsorgerisch betreuen, die zum Opfer von Cybermobbing durch Tierbesitzer:innen geworden sind.
Ich bin der festen Überzeugung, dass jede derartige Rezension dazu geeignet ist, einer eventuell psychisch schon vorbelasteten Person (über 11 Prozent der Frauen und über 5 Prozent der Männer leiden in Deutschland an einer klinischen Depression!) mit suizidalen Tendenzen den letzten Schubs in Richtung Abgrund zu geben, dass man also mit so einer anonymen Schmierage durchaus jemand faktisch umbringen kann. Der Tod meiner Kollegin Shirley Koshi, den ich schon einmal in einem anderen Artikel thematisiert habe, ist für mich ein schlagender Beweis für diese Behauptung. Shirley wurde aus nichtigstem Anlass durch einen gezielt ausgelösten Shitstorm in ihrer Existenz vernichtet, so dass sie keinen anderen Ausweg mehr sah, als ihr Leben zu beenden. In unseren Augen drängt sich die Frage auf, in wie vielen Fällen von Selbsttötungen – und zwar nicht nur in unserer Branche – solche Vernichtungsbewertungen der Tropfen waren, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Gibt man bei Google „Selbstmord“ bzw. „Suicide“ ein, blendet die Suchmaschine in klebrig-scheinheiliger Besorgnis gleich ganz oben ein: „Hier findest du Hilfe. Sprich noch heute mit jemandem“ (man könnte hinzufügen: Aber bitte NICHT mit uns!!!), gefolgt von der Nummer der Telefonseelsorge. Gleichzeitig aber drücken Google und andere Bewertungsportale seit Jahr und Tag mit ihren inzwischen bis zur Unkenntlichkeit pervertierten Rezensionssystemen jedem dahergelaufenen Deppen, dem irgendwas nicht passt, buchstäblich eine geladene und entsicherte Waffe in die Hand, die bequemerweise schon auf die Zielperson gerichtet ist und nur noch abgedrückt werden muss.
Warum halte ich das Sterne-Bewertungssystem von Google und anderen Anbietern für pervertiert? Weil es einfach nicht so verwendet wird, wie es ursprünglich vielleicht mal gedacht war. Vor ein paar Jahren ging ein Londoner Taxifahrer durch die Presse, der durch Aushang in seinem Fahrzeug seine Kund:innen aufforderte, ihm entweder fünf Sterne zu geben oder ihn erst gar nicht zu bewerten. Das leuchtet ein: Hat man einen Bewertungsschnitt zwischen vier und fünf Sternen, schadet einem sogar eine Vier-Sterne-Bewertung, eigentlich vergleichbar mit der Schulnote „Gut“, weil sie den Schnitt nach unten zieht.
Dazu kommt, und das ist noch viel schlimmer, dass gefühlt 75 Prozent aller negativen Bewertungen Hass- oder Rachebewertungen sind, bei denen (aus oft nichtigstem Anlass) grundsätzlich nur ein Stern gegeben wird. Schaut man sich die Bewertungsblöcke von beliebig herausgepickten Tierarztpraxen genauer an, dann fällt sofort auf, dass sich der Schnitt in erster Linie aus vielen Fünf-Sterne- und vergleichsweise sehr wenigen Ein-Stern-Bewertungen ergibt. Dazwischen findet man meist wenig bis nichts. Bei uns Tiermediziner:innen kann es schon reichen, dass man sich eine luxierte Kralle etwas genauer ansehen muss, um die richtige Entscheidung zu treffen…
„Sehr sehr grob und unsensibel. Hat unnötig lange an der Kralle hin und her gebogen, anstatt sie mit einer Zange zu ziehen.“
…und Zack, ein Stern!
Oder man findet die Urlaubsvertretung einer ansonsten offenbar geschätzten Kollegin nicht ganz so toll…
„Ich muss sagen das ich die Rezession mit einem Stern nur geschrieben habe da Frau Dr. XX leider nicht da war und der Vertretungsarzt nicht der beste und einfühlsamste war. Gehe mit Winston weiterhin zu Ihr. Ist eine tolle Ärztin, nur der Vertretungsarzt sollte besser was anderes machen als Tierarzt.“
…und Zack, wieder ein Stern, mit eingebautem Dauerschaden für die Reputation der Praxis und gleich noch schnell kombiniert mit einem absolut anmaßenden und persönlichkeitsbeschädigenden Urteil über den vertretenden Kollegen.
Facebook hat ja in Anerkennung der Tatsache, dass es für die meisten Bewertungsschreiber:innen allemal nur Schwarz oder Weiß zu geben scheint, die klare Konsequenz gezogen, nur noch die Wahl zwischen „Empfehle ich“ oder „Empfehle ich nicht“ anzubieten. Außerdem können die Betreiber von Firmenseiten auf FB die Möglichkeit zu Textbewertungen einfach sperren, was einem zumindest erspart, sich von irgendwelchen sadistischen Schwachköpfen psychisch verletzen lassen zu müssen.
Negativbewertungen werden von einem bestimmten Klientel inzwischen auch ausgesprochen häufig als Druck- oder besser gesagt Erpressungsmittel missbraucht. Traurige Berühmtheit in unseren Kreisen hat der Mitschnitt eines Telefonats zwischen einem Kollegen und einem Patientenbesitzerpaar, bei dem dem Kollegen in dreister Ungeniertheit mit einer negativen Rezension gedroht wird, wenn er nicht einen Preisnachlass gewähren würde.
Aus persönlichen Gesprächen und Fachgruppendiskussionen wissen wir, dass es Tiermedizin-Student:innen gibt, die schon während des Studiums im Rahmen von Praktika schockiert mitbekommen, mit welcher unbedenklichen Brutalität man virtuell angegangen werden kann, und die schon in dieser Phase ihrer Ausbildung zu dem Schluss kommen, dass sie das nicht ertragen können. Diese jungen Leute schließen zwar meist das für sie selbst und den Steuerzahler sehr teure Studium ab, gehen dann aber nie in eine praktische Tätigkeit, eine Tendenz, die sicherlich mit verantwortlich ist für den verheerenden Fachkräftemangel, dessen Auswirkungen inzwischen auch die Tierbesitzer:innen immer deutlicher zu spüren bekommen. Irgendwie hängt halt alles zusammen!
In unseren Augen wäre es eine sinnvolle Aufgabenstellung für die dafür zuständigen Wissenschaftszweige, alsbald mal (quer durch alle Branchen!) zu erforschen, wie viele psychische Beschädigungen bis hin zum Suizid durch die zum Missbrauch geradezu herausfordernden Rezensionsmöglichkeiten von Google und Co. verursacht werden. Würde man als Arbeitgeber gegenüber einer oder einem Angestellten solche verbalen Geschütze auffahren, wie sie in Bewertungen regelmäßig und häufig straflos verwendet werden, stünde man ganz schnell wegen Mobbing und psychischer Grausamkeit vor dem Kadi, und das mit Fug und Recht. Uns Freiberuflern und Selbständigen aber wird das als so unvermeidlich wie Regenwetter verkauft. Eine ganze Industrie dreht sich inzwischen um die verschiedenen möglichen Reaktionen auf schlechte Bewertungen: Spezialisierte Anwälte oder Agenturen, die sich um Löschung und/oder strafrechtliche Verfolgung bemühen, Fortbildungen darüber, wie man negative Bewertungen psychologisch geschickt beantwortet, und so weiter und so fort.
Google dagegen schert sich um rein gar nix, ganz im Sinne der Frage: Wo setzt sich ein 200 kg schwerer Gorilla hin? Ja genau, da wo er will! Als letztes Beispiel mag uns der Screenshot oben dienen: Eine Kollegin wird in einer typischen Hass-Bewertung einfach als „Abschaum“ bezeichnet. Passiert einem das im realen Leben, von Angesicht zu Angesicht, ist das definitiv justitiabel und eine Verurteilung der beleidigenden Person so gut wie sicher. Google ist das auf gut Deutsch gesagt scheißegal. Die Bewertung wurde von Kolleginnen und Kollegen xmal gemeldet, wegen Hassrede, Beleidigung und Mobbing. Passiert ist rein gar nichts, der Text war zu dem Zeitpunkt, an dem ich diese Zeilen geschrieben habe, immer noch sichtbar. Allerdings hat die betreffende Kollegin nun ihren Anwalt aktiviert. Die Verfasserin der Bewertung wird also am Ende doch noch ordentlich eine zwischen die Hörner bekommen und dabei schmerzhaft lernen müssen, dass das Netz halt doch kein rechtsfreier Raum ist.
Das ändert aber nichts daran, dass Google trotz aller scheinheiligen „Gemeinschafts-Standards“ und „Richtlinien“ in der typischen Brutalität eines sich annähernd unantastbar fühlenden Mega-Konzerns mit seinem vermurksten Bewertungssystem sehenden Auges und leider straflos über Leichen geht. Das ganze Konstrukt bedient vorsätzlich die niedrigsten Instinkte charakterschwacher Menschen, die sich diesbezüglich keinen Deut besser verhalten als Gaffer bei einem Autobahnunfall. Ich bin mir sicher, dass sehr viele Google-Nutzer:innen auf den Bewertungsseiten von Praxen, Kliniken, Hotels, Restaurants, Geschäften und Handwerkern sofort ganz gezielt nach „Niedrigste“ filtern, um sich dann an den paar Ein-Stern-Hassbewertungen aufzugeilen, ohne die vielen Fünf-Sterne-Bewertungen auch nur ansatzweise zu beachten. Das weiß Google auch ganz genau. Das ist Absicht und genau so gewollt! Gleichzeitig macht es das Unternehmen ganz gezielt möglichst kompliziert, zeitraubend und schwierig, sich gegen ungerechtfertigte oder den Persönlichkeitsschutz verletzende Bewertungen zur Wehr zu setzen.
Angesichts dessen, was heutzutage alles unternommen wird, um Menschen vor Hassrede, Mobbing, Belästigung und psychischer Beschädigung durch andere zu beschützen, ist es in meinen Augen zutiefst empörend und – um es mal ganz klar zu sagen – zum Kotzen, dass sowohl Google als auch die Politik das psychische Wohl von Selbständigen (UND ihrer Angestellten!) offenbar überhaupt nicht für schützenswert halten und dass ganz im Gegenteil sogar mehr oder weniger dazu aufgefordert wird, sich doch beim geringsten Anlass gleich mal virtuell so richtig auszutoben. Noch einmal in aller Deutlichkeit: Das Bewertungssystem von Google beschädigt Tag für Tag Menschen schwer und kostet sie im Extremfall sogar das Leben! Angesichts dieser Tatsache würde ich eine gesetzliche Regelung für völlig angemessen halten, die die Bewertungsportale dazu verpflichtet, JEDE Rezension VOR der Veröffentlichung durch menschliche Augen auf ihren Inhalt zu überprüfen oder aber gleich auf ein System umzustellen, das nur Empfehlung oder Nicht-Empfehlung ohne weiteren Text vorsieht. Das würde zur Orientierung von Verbraucher:innen völlig ausreichen, aber Mobbing, Hassrede und psychische Beschädigungen unterbinden.
Google und Co. werden das sicher sogleich als unzumutbare Forderung bezeichnen. Wir halten dagegen den Schaden für absolut unzumutbar und unerträglich, der Menschen dadurch zugefügt wird, dass jede dahergelaufene Motzbacke von ihrer Couch aus einen virtuellen Vernichtungsfeldzug starten kann und diese Schmierereien erst mal einfach völlig ungeprüft in den öffentlichen Raum gestellt werden, mit der billigen und inakzeptablen Ausrede, dass es sich dabei um „Inhalte Dritter“ handeln würde, für die man nicht verantwortlich wäre!
Ich bilde mir nicht mal ansatzweise ein, dass ich mit diesem Artikel auch nur eine oder einen von denen erreichen oder bekehren kann, die sich im Netz durch Mobbing von Freiberuflern, Selbständigen und ihren Angestellten wichtig machen. Diese Leute sind in der Regel gewissenlos, charakterlich verkommen und intellektuell meist so einfach gestrickt, dass sie es in so einem langen Text bestenfalls bis zum zweiten Absatz schaffen. Nein, es geht darum, mal in aller Deutlichkeit auf den Tisch zu bringen, was diese inzwischen als ganz normal geltenden, in Wirklichkeit aber zutiefst menschenverachtenden Bewertungssysteme mit der Seele der Opfer von Hass-Bewertungen und Schmähkritiken anrichten. Es geht darum, sowohl die Politik als auch Google und Co. an ihre Verantwortlichkeiten und an ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit zu erinnern! Speziell Google sollte in diesem Zusammenhang mal wieder in den eigenen „Code of Conduct“ schauen, unter besonderer Beachtung des letzten Satzes:
„And remember… don’t be evil, and if you see something that you think isn’t right – speak up!“
Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr
Ralph Rückert
© Kleintierpraxis Ralph Rückert, Römerstraße 71, 89077 Ulm
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