Von Ralph Rückert, Tierarzt
Manche von Ihnen werden sowohl bei uns als auch in anderen Praxen eventuell schon mal erlebt haben, dass wir sehr schnell sind, wenn es darum geht, unsere Gliedmaßen vor einem Biss oder Krallenschlag in Sicherheit zu bringen. Manchmal zucken wir sogar zurück, obwohl sich Sekundenbruchteile später herausstellt, dass das Tier gar keine bösen Absichten verfolgt hat. Man könnte meinen, wir wären ein wenig ängstlich. Stimmt das?
Ängstlich ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck. Eher vorsichtig nach dem Motto „Gebranntes Kind scheut das Feuer“. Jeder, der ein paar Jahre in der Tiermedizin gearbeitet hat, kann mit Sicherheit ein paar mehr oder weniger deutliche Narben vorweisen. Kratzer und kleinere Bisswunden sind Alltag, zwar manchmal recht schmerzhaft, aber bei aller Vorsicht unvermeidbar.
Es kann aber auch schlimmer kommen. Nicht umsonst wird tiermedizinisches Personal von der Berufsgenossenschaft in die gleiche Risikoklasse eingestuft wie Berufsfeuerwehrleute. Bissverletzungen durch Hunde und Katzen haben durchaus das Potenzial, den Betroffenen dauerhaft zu schädigen, bis hin zur Entstellung oder Berufsunfähigkeit. Viele von Ihnen werden wissen, dass meiner Frau die Hälfte des linken Zeigefingers fehlt, weil er 2004 in Folge einer infizierten Katzenbissverletzung nach sechs Wochen Leidenszeit amputiert werden musste. Und ich selbst trage Narben im Gesicht, die von einem Hundeangriff stammen, der mich bei etwas langsamerer Reaktion gut und gern die Nase hätte kosten können.
Schnelle Reflexe sind für uns also sehr wichtig. Ebenso wichtig ist Unfallverhütung, und dazu gehört auch, dass ein Hund, der nicht sicher zu untersuchen und zu behandeln ist, einen Maulkorb aufgesetzt bekommt, oder dass eine Katze eher früher als später in Narkose gelegt wird, um bestimmte Manipulationen ohne Gefährdung des Personals durchführen zu können. Wir bitten Sie dafür um Verständnis, denn wir sind für unseren Unfallschutz verantwortlich. Die Berufsgenossenschaft will nach einem Arbeitsunfall sehr genau wissen, wie und warum es zu Verletzungen gekommen ist und ob diese nicht hätten verhindert werden können.
Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr
Ralph Rückert
©Ralph Rückert