Von Ralph Rückert, Tierarzt
Beispielhafte Zitate:
-Das Übliche, das man in den sozialen Medien immer dann zu lesen bekommt, wenn eine Kollegin / ein Kollege auf irgendeine Weise nicht die Erwartungen erfüllt hat:
„Auch Tierärzte gaben einen Eid ab… Dieser Tierarzt hat völlig versagt“ (Quelle: Eine Katzen-Gruppe auf Facebook)
-So infam wie falsch, speziell wenn es von einer Organisation kommt, die es wirklich besser wissen müsste:
„Bei Ärzten für Menschen gibt es den hippokratischen Eid. Bei Tieren ist man davon weit entfernt. Tierärzte sind all zu oft willige Handlanger der Tierquälerei.“ (Quelle: Die Homepage der „Soko Tierschutz“)
Um es für eilige Leserinnen und Leser gleich vorwegzunehmen: Das stimmt einfach nicht und ist nicht mehr als ein extrem hartnäckiges Gerücht! Wie ich in anderen Artikeln schon mehrfach erläutert habe: Weder in der Tiermedizin noch in der Humanmedizin wird im Rahmen der Berufszulassung (Approbation) irgendein rechtsverbindlicher Eid geleistet! Oder um es mal anders und ein bisschen drastischer auszudrücken: Wir Mediziner:innen, ob nun für Tiere oder für Menschen, sind durch keinen Eid verpflichtet, Sachen zu machen, die irgendjemand nach irgendwelchen nebulösen Vorstellungen für unsere Pflicht hält!
Das bedeutet natürlich nicht, dass da keine rechtsverbindlichen Gesetze, Vorschriften und Regelungen wären, die unser Handeln bestimmen. Davon gibt es in unserer überbordenden Bürokratie mehr als genug. Sowohl Tier- als auch Humanmediziner:innen üben ihren Beruf in einem hochgradig regulierten rechtlichen Umfeld aus.
Von den gesetzlichen Regelungen für unsere Berufsstände abgesehen, gibt es natürlich auch noch eine jeweilige berufsständische Ethik, sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin, die als eine Art Selbstverpflichtung angesehen werden muss und sich dynamisch an die sich verändernden gesellschaftlichen Werte und Überzeugungen anpasst.
In der Humanmedizin ist das sehr knapp und allgemein gehaltene „Genfer Gelöbnis“ der Präambel der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer vorangestellt worden, was allerdings nicht bedeutet, dass eine Ärztin oder ein Arzt dieses Gelöbnis wirklich persönlich ablegt.
Für die Tiermedizin gibt es den im Vergleich zum Genfer Gelöbnis recht umfangreichen und detaillierten Ethik-Kodex der Bundestierärztekammer (BTK), auf den natürlich auch niemand vereidigt wird.
Um es also diesmal ganz kurz zu halten: Es gibt massenhaft Gesetze und Vorschriften, die unsere Berufsausübung regeln, es gibt auch einen immer wieder intensiv diskutierten und bearbeiteten ethischen Rahmen, den die meisten von uns sehr ernst nehmen, aber ein für allemal: KEIN EID!
Zum Bild und an die Leserinnen und Leser aus der Schweiz gerichtet: Ja, es ist mir bewusst, dass dieses Gemälde den Rütlischwur darstellt. Die Verwendung in diesem Zusammenhang ist von mir ein bisschen ironisch gemeint und soll keineswegs die Nationalgefühle der Eidgenossen verletzen!
Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr
Ralph Rückert
© Ralph Rückert
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