Direktabrechnung mit der Tierkrankenversicherung: Ist und bleibt ein Problem!

Direktabrechnung mit der Tierkrankenversicherung: Ist und bleibt ein Problem!

Von Ralph Rückert, Tierarzt

Es ist vertrackt: Einerseits propagieren wir, die praktizierenden Tierärztinnen und Tierärzte, Tierkrankenversicherungen als Absicherung gegen die immer weiter steigenden tiermedizinischen Behandlungsgebühren.

Andererseits weigern sich viele Praxen und Kliniken, direkt mit den Versicherungsgesellschaften abzurechnen, so dass die Tierbesitzer:innen – vergleichbar mit dem Privatpatientensystem in der Humanmedizin – erstmal in Vorleistung gehen müssen, was natürlich bei hohen Rechnungen ganz schön an die Substanz gehen kann.

Direktabrechnung: Manche Praxen und Kliniken lassen sich drauf ein, manche (auch unsere!) lehnen das rundweg ab. Dieses uneinheitliche Verhalten ist unter Tierhalter:innen ein viel und heiß diskutiertes Thema. In solchen Diskussionen kommt in der Regel größtes Unverständnis für die Verweigerung der Direktabrechnung zum Ausdruck. Dieses Unverständnis wird aktuell noch geschürt durch in meinen Augen recht irreführende Werbung von manchen Versicherungsgesellschaften, die einem weismachen wollen, dass es für eine Praxis oder Klinik ganz einfach wäre, direkt mit ihnen abzurechnen.

Jede und jeder ist die Summe ihrer bzw. seiner Erfahrungen! Viele von uns Praxisinhaber:innen sind in der Vergangenheit mit Direktabrechnungen so richtig schön vor die Wand gefahren und haben dabei einiges an Lehrgeld gezahlt. Und wer sich so und so oft die Finger verbrannt hat, wird halt vorsichtig! Auf dem momentanen Stand der Technik gibt es für eine Praxis oder Klinik leider keinen mit vertretbarem Aufwand verbundenen Weg, einen vermeintlich vorhandenen TKV-Vertrag auf seine Gültigkeit und Abdeckung zu überprüfen.

So kann es dazu kommen, dass man erst beim Versuch der direkten Abrechnung erfährt, dass der Vertrag ruht, weil die Beiträge seit Monaten nicht mehr bezahlt wurden. Oder es wird mitgeteilt, dass der gewählte Versicherungstarif diese oder jene Leistungen gar nicht oder nur bis zu einem bestimmten Satz der Gebührenordnung abdeckt, die Versicherungsgesellschaft also entweder gar nichts oder nur einen Teil der angefallenen Gebühren übernehmen wird. Der Verwaltungsaufwand, der in solchen (leider keineswegs seltenen!) Fällen dadurch entsteht, dass man dann der gesamten Rechnungssumme oder Teilbeträgen mit wechselndem Erfolg hinterherlaufen muss, ist enorm und aus unternehmerischer Sicht für viele von uns inakzeptabel.

Das Ende vom Lied: So lange wir nicht über einen Terminal oder eine spezielle Software-Verknüpfung online und sekundenschnell eine Deckungszusage des Versicherungsgebers bekommen können, werden sich weiterhin viele von uns weigern, sich auf eine Direktabrechnung einzulassen. Eine derartige technische Lösung können aber nicht wir Tiermediziner:innen implementieren! Das ist ganz klar die Angelegenheit der Versicherungsgesellschaften, die sich dafür zusammentun bzw. organisieren müssten, denn Insellösungen einzelner Anbieter sind für uns nicht akzeptabel. Wie die Erfolgsaussichten für so eine konzertierte Aktion auf dem momentanen Wild-West-TKV-Markt aussehen, vermag ich nicht zu beurteilen. Sie müssen sich aber auf jeden Fall von der Vorstellung verabschieden, dass so eine Art „Patientenkarte“, die Ihr Versicherungsgeber in seiner Werbung als großen Vorteil bewirbt, eine Praxis oder Klinik, die das nicht will, irgendwie zur Direktabrechnung bewegen würde. Ob eine tiermedizinische Einrichtung direkt abrechnet, bestimmt ganz sicher nicht die Versicherungswirtschaft!

Deshalb wird das wohl noch eine ganze Weile ein Problem bleiben. Grundsätzlich hören wir, dass die meisten Versicherungsgesellschaften berechtigte Leistungsansprüche sehr zügig ausgleichen, so dass man meist nur für wenige Tage in Vorleistung gehen muss. Tierbesitzer:innen, deren Reserven aber auch dafür zu knapp sind, kann man nur raten, auf offene Kommunikation zu setzen und schon im Vorfeld – bevor hohe Gebühren auflaufen – abzuklären, ob eine Direktabrechnung möglich ist. Wenn zu wenig auf der hohen Kante ist, dann muss diese Fragestellung tatsächlich ein wichtiges Kriterium bei der Wahl der zu einem passenden tiermedizinischen Einrichtung darstellen.

Trotzdem bleibt noch das Problem der Notfallversorgung, in deren Rahmen Sie ja häufig nicht Ihre gewohnte Praxis aufsuchen können, sondern eine Ihnen fremde Einrichtung in Anspruch nehmen müssen. Wenn diese Praxis / Klinik die Direktabrechnung mit Ihrer TKV ablehnt, hilft Ihnen das Argument, dass das in Ihrer Haustierarztpraxis aber immer so gemacht würde, nicht wirklich weiter. Für solche Fälle sollten Sie dann doch eine eiserne Reserve in der Hinterhand haben, mit der Sie mal mindestens eine substanzielle Anzahlung leisten können.

Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr

Ralph Rückert

 

© Ralph Rückert

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