Von Ralph Rückert, Tierarzt
Zwingerhusten? Eigentlich kann ich diese Krankheitsbezeichnung nicht ab, weil sie absolut irreführend ist. Es ist zwar fachchinesisch, aber Infektiöse Tracheobronchitis (Ansteckende Luftröhren- und Bronchialentzündung) trifft es deutlich besser. Jeder Hund kann sich jederzeit anstecken. Zwingerhaltung hat nur insofern etwas damit zu tun, als die Krankheit unter Zwingerhaltungsbedingungen mit vielen Hunden in engem Kontakt zueinander auffällig heftig auftreten und sich wie ein Buschfeuer verbreiten kann. Deshalb also der allenfalls historisch zu begründende Begriff, den ich am liebsten abschaffen würde.
Die Infektiöse Tracheobronchitis wird nicht von einem einzigen, sondern von einer Gruppe, einer Bande von Erregern verursacht. Je nachdem, wie viele und welche Bandenmitglieder in einem Hund ihr Unwesen treiben, verändern sich Schweregrad und Dauer der Erkrankung.
Listen wir mal auf: Die beiden Haupttäter sind das Canine Parainfluenzavirus Typ 2 (CPiV-2) und Bordetella bronchiseptica, ein Bakterium. Komplizen können sein das Canine Herpesvirus (CHV), das Canine Reovirus, das Canine Adenovirus Typ 2 (CAV-2) und eine besonders hartnäckige Bakterienart (Rattenhalter können ein Lied davon singen), die Mykoplasmen.
Eine Infektion durch nur einen dieser Erreger verläuft häufig eher unauffällig und wenig problematisch. Sind dagegen mehrere oder gar alle beteiligt, entwickelt sich das als Zwingerhusten berüchtigte und nicht zu unterschätzende Krankheitsbild. Hauptsymptom ist logischerweise Husten, oft von bellender Qualität, vorwiegend unter körperlicher Belastung oder – für den Besitzer besonders nervenzerreißend – nachts auftretend. Der Husten kann so stark und würgend sein, dass man sogar als Profi nicht sicher ist, ob da nicht irgendwas im Hals hängt. Ich habe mich in solchen Fällen schon öfter gezwungen gesehen, die Luftwege endoskopisch zu untersuchen, um nur ja nichts zu übersehen.
Trotz des starken Hustens sind die betroffenen Hunde oft in ihrem Allgemeinbefinden wenig gestört und ganz munter. Es kann aber – gerade bei Welpen mit schwachem Immunsystem – auch zu komplizierten Verläufen kommen. Dabei sind dann die ganzen Luftwege von Nase über Rachen, Mandeln, Luftröhre bis hinunter zu den Bronchien heftig entzündet. Auch eine Entzündung der Augenbindehaut kann hinzutreten. Im schlimmsten Fall kippt das Ganze zu einer echten Lungenentzündung um.
Eigentlich ist die Erkrankung selbstlimitierend, das heißt sie heilt innerhalb einer gewissen Zeitspanne von selber aus. Unter normalen Umständen geht es dabei um 1 – 2 Wochen. Dummerweise gibt es immer wieder Fälle, die sich bis zu 10 Wochen ziehen. Deshalb und aufgrund der angesprochenen Gefahr von Komplikationen ist eine tiermedizinische Überwachung des Krankheitsverlaufes dringend anzuraten. Bei Hunden, die schlimmer befallen sind, ist es durchaus üblich, wenigstens die beteiligten Bakterien durch Einsatz eines geeigneten Antibiotikums auszuschalten. Weitere Behandlungsoptionen sind der Einsatz von Paramunitäts-Inducern zur Anregung des unspezifischen Immunsystems, bei quälendem, nächtlichem Husten auch die Verabreichung hustenlindernder Medikamente und die Durchführung von Inhalationen zur Befeuchtung der gereizten Atemwege. Das Immunsystem schwächende Faktoren wie Befall mit Endo- oder Ektoparasiten müssen natürlich ebenfalls beseitigt werden.
Wie kann man vorsorgen? Dem Welpenalter unter Verabreichung der üblichen Impfungen entwachsene Hunde sind zumindest gegen das Canine Parainfluenzavirus Typ 2 effektiv und dauerhaft geschützt. Soll ein Hund in eine Umgebung verbracht werden, in der mit deutlich erhöhtem Infektionsdruck zu rechnen ist (große Hundeveranstaltungen mit Teilnehmern auch aus dem Ausland, Hundepensionen und ähnliches), besteht die Möglichkeit, mit einem intranasal zu verabreichenden Impfstoff, der zusätzlich Bordetella bronchiseptica abdeckt, relativ schnell (schon nach ca. 72 Stunden) einen zusätzlichen Schutz aufzubauen. Fragen Sie deshalb gerade bei Tierpensionen, Hundeschulen und Ausstellungsveranstaltern gezielt nach, ob eventuell bekannt ist, dass ein diesbezügliches Problem bestehen könnte. Insider und Tierärzte bekommen oft frühzeitig mit, dass irgendwo eine Infektionswelle am Laufen ist.
Insgesamt kann man sagen, dass allein der routinemäßige Impfschutz gegen das Parainfluenza-Virus eine Erkrankung zwar nicht ganz verhindern kann, in der Regel aber dafür sorgt, dass ein Hund nicht wirklich schwer und schon gar nicht lebensbedrohlich erkrankt. Lästig und langwierig kann die Sache aber trotzdem werden, deshalb ist eines besonders wichtig: Sollte es Ihren Hund erwischt haben, meiden Sie bitte fairerweise jeden Kontakt zu anderen Hunden. Deren Besitzer werden es Ihnen danken. Die infektiöse Tracheobronchitis ist eine der ansteckendsten Hundeerkrankungen überhaupt. Da reicht ein Aufenthalt im gleichen Raum für eine Übertragung locker aus. Dementsprechend ist es auch für uns wichtig, dass Sie uns bei einer Terminabsprache vorab telefonisch informieren, dass Ihr Hund hustet, damit wir Bemühungen unternehmen können, Wartezimmerkontakt zu anderen Hunden möglichst zu verhindern.
Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr
Ralph Rückert
© Kleintierpraxis Ralph Rückert, Bei den Quellen 16, 89077 Ulm / Söflingen