Das Salz des Lebens

Von Ralph Rückert, Tierarzt

Neulich habe ich mal wieder so einen schlauen Internet-Artikel irgendeines Hundeportals gelesen, wie sie häufig in sozialen Netzwerken verbreitet werden: „Zehn gefährliche Lebensmittel für Ihren Hund – Was ist giftig für Hunde?“. Als eines dieser zehn gefährlichen Lebensmittel wurde Salz genannt, und zwar ohne jede mengenmäßige Einstufung, gerade so, als ob schon ein Körnchen Salz für den Hund lebensbedrohlich giftig wäre. Ist eigentlich allen meinen Lesern klar, wie unsinnig das ist?

Egal, wie sehr der Haushund sich an die unterschiedlichsten Ernährungsformen angepasst hat, er gehört immer noch zur zoologischen Ordnung der Raubtiere, ebenso wie die Katze. Raubtiere töten in der Regel andere Tiere und fressen diese. Im Gegensatz zu einem Schnitzel oder Filet aus der Kühltheke ist das eine blutige Angelegenheit. Und Blut ist salzig, über den Daumen gepeilt so salzig wie Meer- oder Nudelkochwasser.

Ein Wolf nimmt täglich eine Masse von (blutigem) Fleisch zu sich, die 10 bis 20 Prozent seines Körpergewichts entspricht, ein Tier von 40 kg also 4 bis 8 kg. Dabei wird pro Kilogramm Körpergewicht deutlich mehr Salz aufgenommen als der durchschnittliche Deutsche pro Tag konsumiert. Das gilt auch für freilebende Katzen, die sich nur von Mäusen und anderen Kleintieren ernähren.

Der Schluss liegt nahe, dass Raubtiere nicht weniger, sondern mehr Salz vertragen als wir Menschen. Dieses Geschwätz von wegen Salz wäre buchstäblich Gift für Hund und Katze könnte also von der Realität nicht weiter entfernt sein. In selbst zusammengestellten Rationen, ob roh oder gekocht, findet sich nach meinem Dafürhalten oft sogar viel zu wenig Salz. Das dabei verwendete Fleisch ist natürlich komplett ausgeblutet und damit sehr salzarm, was jeder bestätigen kann, der mal ein ungesalzenes Steak versucht hat.

In vielen Ratgebern zur Rohfütterung wird durchaus empfohlen, ein- oder mehrmals pro Woche eine Prise Salz zu verabreichen, aber auch das halte ich für zu wenig – und für stinklangweilig. Die bei Rohfütterung langfristig so häufig beklagten Akzeptanzprobleme könnten sehr wohl damit zusammenhängen, dass dem Hund oder der Katze diese extrem salzarme Ernährung einfach zum Hals raushängt. Als jemand, der es gerne etwas salziger mag, könnte ich das gut verstehen. Warum also nicht täglich etwas Salz ans Futter geben?

Aber wie viel nun? Wer jetzt auf wissenschaftlich begründete Empfehlungen hofft, den muss ich leider enttäuschen. Meines Wissens hat noch nie jemand zwei Gruppen von Hunden oder Katzen aufgestellt und die eine salzarm, die andere salzig ernährt, um dann geduldig über Jahre die langfristigen Auswirkungen zu beobachten. Wer auch immer da was von angeblichen gesundheitlichen Nachteilen erzählt, der phantasiert einfach, weil es dafür keinen Beleg gibt. Man kann also – wie so häufig – allenfalls dem gesunden Menschenverstand und der Logik folgen.

Diejenigen, die ihren Hund mit Fertigfutter oder mit selbst gekochten Rationen ernähren, haben es einfach: Man muss sich eigentlich nur mal überwinden und das Futter kosten, was keine gesundheitlichen Nachteile mit sich bringen dürfte. Wenn es leicht bis angenehm salzig schmeckt, sollte das so passen. Werden Kohlenhydratträger wie Nudeln, Reis oder Kartoffeln verwendet, dann kann man diese in Bezug auf die Verwendung von Salz ruhig genau so kochen wir für den menschlichen Verzehr.

Bei der Fütterung mit Rohfleisch hätte ich mit dieser Art von Selbstversuch so meine Bedenken. Mein Vorschlag für diese Fälle: Löst man einen leicht gehäuften Teelöffel Salz in einem halben Liter Wasser auf, bekommt man eine Salzkonzentration, die recht genau der von Blut entspricht. Davon ein Schwapper über die Barf-Ration, und die Sache ist geritzt. Nur zur Vorsicht sei noch erwähnt, dass dieser Ratschlag logischerweise nicht für diejenigen gilt, die nicht ausgeblutete Tiere verfüttern oder der Rohfleischration Blut hinzufügen.

Hunde wie unser Nogger, die nach dem ABAM-Prinzip ernährt werden und damit häufig Bestandteile der menschlichen Ernährung genießen können, haben natürlich weder mit dem Salzgehalt noch mit der Akzeptanz das geringste Problem.

Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr

Ralph Rückert

 

© Kleintierpraxis Ralph Rückert, Bei den Quellen 16, 89077 Ulm / Söflingen

Sie können jederzeit und ohne meine Erlaubnis auf diesen Artikel verlinken oder ihn auf Facebook bzw. GooglePlus teilen. Jegliche Vervielfältigung oder Nachveröffentlichung, ob in elektronischer Form oder im Druck, kann nur mit meinem schriftlich eingeholten und erteilten Einverständnis erfolgen. Von mir genehmigte Nachveröffentlichungen müssen den jeweiligen Artikel völlig unverändert lassen, also ohne Weglassungen, Hinzufügungen oder Hervorhebungen. Eine Umwandlung in andere Dateiformate wie PDF ist nicht gestattet. In Printmedien sind dem Artikel die vollständigen Quellenangaben inkl. meiner Praxis-Homepage beizufügen, bei Online-Nachveröffentlichung ist zusätzlich ein anklickbarer Link auf meine Praxis-Homepage oder den Original-Artikel im Blog nötig.

Nach oben scrollen