Von Ralph Rückert, Tierarzt
Gestern haben wir die Animal-Haustiermesse in Stuttgart besucht. Dabei fiel mir ein Messestand mit den beliebten Futtersorten Orijen und Acana auf, hergestellt von der kanadischen Firma Champion Petfoods. Beide Futtersorten würde ich als zur qualitativen Oberliga im Bereich Trockennahrung zählend beurteilen. Da wir in unserer Praxis mit dem Vorbericht immer auch die Fütterungsmethode eines Tieres aufnehmen, weiß ich, dass sehr viele Hunde und Katzen mit Produkten aus Übersee oder aus den Fabriken der multinationalen Konzerne ernährt werden. Das macht mir schon aus rein ökologischen Gründen Bauchweh.
Reine oder vorwiegende Fleischfresser wie Katze und Hund haben einen geradezu gewaltigen ökologischen Fußabdruck. Die Produktionskette von Pflanze zu Pflanzenfresserfleisch ist unter Einberechnung aller Faktoren (Stichworte: Weltweite Waldrodungen, Ausstoß klimaschädlicher Gase, etc.) nicht sehr unweltverträglich, um nicht zu sagen: So richtig umweltschädlich! Diese Tatsache hat ja vor einiger Zeit schon mal zu der reichlich wirr anmutenden Forderung nach einem Verbot der Hundehaltung geführt, natürlich aus dem grünen Lager.
So weit wird es sicher nicht kommen, aber ein wenig nachdenken sollte man über solche Zusammenhänge als Hunde- oder Katzenhalter durchaus. Wenn ich schon weiß, dass der Verbrauch großer Fleischmengen unter ökologischen Gesichtspunkten nicht gerade prickelnd ist, kann ich doch zumindest darauf achten, dass das Futter für meinen Hund oder meine Katze nicht auch noch um die halbe Welt geflogen und gefahren wurde, bevor es hier im Napf landet. Ich kann sowas natürlich mangels Fachkenntnissen nicht berechnen, aber ich schätze mal, dass die Ökobilanz eines Futters, das aus Kanada nach Deutschland exportiert wird, sicherlich mindestens doppelt so schlecht ist wie die eines hierzulande hergestellten Futtermittels.
Noch schlimmer als bei den laut Herstellerangaben sicher aus kanadischen Grundzutaten hergestellten Produkten von beispielsweise Champion Petfoods sieht es in dieser Hinsicht natürlich mit den Futtermitteln multinationaler Riesenfirmen wie – um nur zwei bekannte Marken zu nennen – Royal Canin (Mars Incorporated) oder Hill’s (Colgate-Palmolive) aus, denn da werden schon vor der eigentlichen Herstellung auch noch die diversen Zutaten in der Regel um die halbe Welt geschippert, was die Absurdität des Ganzen endgültig auf die Spitze treibt.
Die einzige Lanze, die ich speziell für Royal Canin und Hill’s als Tierarzt brechen muss, ist die, dass es ohne die speziellen Krankheitsdiäten der beiden Hersteller für viele an Fertigfutter gewöhnte Tierbesitzer oftmals sehr schwierig wäre, ihre chronisch erkrankten Vierbeiner sinnvoll zu ernähren. Hiesige Alternativen wie zum Beispiel Vet Concept kommen bisher weder in Bandbreite noch Ausgefeiltheit der Diäten an die beiden Marktführer ran. Und man muss halt aus tierärztlicher Sicht zugeben: Diese Diäten aus den Laboren der Multis (so schräg sich die Inhaltsstoffe auch lesen mögen) funktionieren nun mal! Für mich ist zum Beispiel die Hill’s i/d im Magen-Darm-Bereich jeder Moroschen Karottensuppe nach wie vor weit überlegen, und eine niereninsuffiziente Katze überlebt ihre Krankheit statistisch gesehen am längsten, wenn sie die Hill’s k/d oder die Royal Canin Renal frisst.
Die für den gesunden Hund oder die gesunde Katze gedachten Futtermittel solcher Giganten mit Milliardenumsätzen aber würde ich persönlich niemals in Betracht ziehen, und zwar neben den schon erläuterten ökologischen Gründen auch unter gesundheitlichen Aspekten. Die Rohzutaten für die diversen Futtersorten der Multis werden international und natürlich nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten zusammengekauft. Welche dramatischen Auswirkungen das dann letztendlich haben kann, wurde vor einigen Jahren in Nordamerika deutlich, als sehr viele Hunde (Tausende?) verstarben, weil eine gewaltige Rohstoffcharge aus China mit einer giftigen Substanz kontaminiert war. So ein Vorgang kann meiner Meinung nach immer mal wieder passieren und hat dann durch die weite Verbreitung und nach wie vor unbestrittene Beliebtheit der Produkte der Multis zahlenmäßig natürlich verheerende Auswirkungen.
Nein, das ist nichts für mich und meine Tiere. Bei Fertigfutter achte ich auf „Made in Germany“ und – wenn möglich – darüber hinaus sogar noch auf Regionalität. Es gibt sowohl im Mittel- als auch im Hochpreis-Segment durchaus genug regionale und überregionale deutsche Hersteller, die ihre Produkte auch mit hiesigen Grundzutaten herstellen, so dass ich sicher nicht auf Futtermittel aus Übersee oder von Großkonzernen angewiesen bin.
Abschließend noch ein Wort an die Rohfütterer („BARFER“) unter Ihnen: Alles ist gut! Wenn Sie Ihren Hund oder Ihre Katze mit selbst zusammengestellten Rationen ernähren, werden Sie ja wohl fast automatisch regionale Produkte verwenden. Wie gesagt: Alles gut, mein Kompliment! Der Artikel richtet sich aber in erster Linie an die überwältigende Mehrheit (deutlich über 80 Prozent!) der Tierhalter, die Ihre Tiere mit Fertigfutter ernähren wollen. Ich wäre deshalb sehr erleichtert, wenn nicht jeder dritte Kommentar aus den Worten „Wir BARFEN!!!“ bestehen würde. Vielen Dank!
Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr
Ralph Rückert
© Kleintierpraxis Ralph Rückert, Römerstraße 71, 89077 Ulm
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